
Erstmals tobt der Krieg auch auf der Switch
Nachdem die Fire Emblem-Reihe bislang jede Nintendo-Plattform mit ihrer Anwesenheit beehrt hat, ist mit dem Release der Nintendo Switch nun endlich die Zeit gekommen, den Ruhm und den Erfolg auch auf dem Handheld/ Standkonsolen-Hybriden fortzusetzen. Nach den drei durchaus erfolgreichen Ablegern Fire Emblem Awakening, Fire Emblem Fates und Fire Emblem: Schatten von Valentia geht zudem auch ein beachtliches Stück Geschichte zu Ende, immerhin wurden bisher nur auf dem Super Nintendo und dem Game Boy Advance jeweils drei Spiele der Reihe in Folge veröffentlicht. Fire Emblem: Three Houses stellt dabei nicht nur den ersten Nintendo Switch-Ableger dar, sondern startet gleichzeitig mit einer komplett neuwertigen Story durch.
Harry Potter, Game of Thrones und eine Ladung Krieg!
Der Kontinent Fódlan genießt schon seit Jahren eine Zeit des Friedens und zieht somit seinen Vorteil in Sachen Handel und Bildung, wie man es bereits seit langem nicht mehr erleben konnte. In diesem florierenden Szenario reist Byleth (dieser Name steht sowohl für den auswählbaren weiblichen als auch männchen Spielcharakter) mit seinem Vater durch eine von Dieben besetzte Region und wird nach einem spektakulären Kampf in die Militärakademie Garreg Mach eingeladen. Bei dieser mittelalterlichen Bildungsstätte handelt es sich um das mächtigste Institut des Landes, in dem selbst die Kinder der führenden Häupter studieren, um in späterer Folge die Leitung ihres Landes zu übernehmen. Was zu Beginn des Spiels wie ein Ausschnitt aus Joanne K. Rowlings Harry Potter-Abenteuer wirkt, entwickelt sich ziemlich schnell zu einem Erlebnis, wie es George R. R. Martins nicht besser schreiben hätte können. Verschwörungen, Fabelwesen und zeitreisende Geister sind in dieser Geschichte keine Seltenheit.

Im Gegensatz zu den, zuvor nahezu ausschließlich auf die strategischen Elemente fokussierenden, Vorgängern besitzt Fire Emblem: Three Houses nicht nur eine noch größere, frei begehbare, offene Spielwelt, welche sozusagen als Hauptquartier dient, sondern eine sehr starke Gewichtung auf das Leben und die Vorlieben der einzelnen Spielfiguren. Dies fängt bereits im jugendlichen Alter der einzelnen Schüler und Rekruten an und zieht sich über die gesamte Handlung hinweg. Man isst gemeinsam, lernt gemeinsam und kämpft gemeinsam. Es ist dabei verständlich, dass die Bindung an die einzelnen Spielfiguren dadurch noch größer wird, als dies bereits in den früheren Ablegern der Fall war. Viele der Dialogoptionen führen zudem dazu, dass man mehr über die Geschichte der einzelnen Familien erfährt und gleichzeitig die Beziehung zu der Spielfigur besser wird.
Gameplay
Man darf besonders zu Beginn von Fire Emblem: Three Houses nicht überrascht sein, dass man im wahrsten Sinne des Wortes viel Zeit mit dem Drücken der Schulbank verbringt. Der Unterricht und das Auseinandersetzen mit den einzelnen Spielfiguren ist ausschlaggebend für die Richtung, in welche sich diese weiterentwickeln. Zuerst wohnt man Aktivitäten wie gemeinsamen Essen, Chorproben und dem Fischen bei und geht anschließend auch bei Tätigkeiten wie einem Saunabesuch auf Tuchfühlung. Das wiederum beeinflusst die Motivation der einzelnen Spielfiguren mehr zu lernen oder effizienter auf ihre spezifischen Studiengebiete einzugehen. Das erfolgreiche Führen und Unterrichten der Schüler lässt den Spieler im Dozenten-Rang steigen, was das Ausführen von noch mehr Aktivitäten ermöglicht. Nintendo hat das Ablegen der Prüfungen und deren Wendigkeit mit ihren Waffen hervorragend mit den Prüfungen der Spielfiguren verbunden – wer also in eine andere Klasse beziehungsweise zu einem anderen Truppentyp aufsteigen möchte, muss sich nicht nur im Gefecht sondern auch in der Theorie behaupten können. Wem das Unterrichtswesen zu anstrengend ist, der kann natürlich auch einen automatisch erfolgenden Unterricht auswählen und das Spiel erledigt diesen Teil der Handlung von selbst. Über einen Kalender sieht man anschließend die einzelnen Geburtstage der Charaktere (denen man Geschenke zukommen lassen kann), besondere Events und erhält ein Dozenten-Gehalt, um Veranstaltungen organisieren und die Truppen mit Waffen und Items versorgen zu können. Das Highlight von Fire Emblem: Three Houses ist dabei zweifellos die frei begehbare Militär-Akademie Garreg Mach. In dieser Behausung kann man den alltäglichen Aufgaben nachgehen und mit den unzähligen Spielfiguren reden.

Das Kernstück des Spiels sind aber nach wie vor die Gefechte auf dem im Gittermuster unterteilten Spielfeld. Jede Spielfigur besitzt spezielle Techniken und Waffen und geht rundenbasiert gegen feindliche Einheiten vor. Die Charaktere können sich gegenseitig unterstützen, was von deren zuvor auf der Militär-Akademie gewonnenen Sympathie abhängig ist, um besser im Kampf abzuschließen oder gewisse Vorteile zu genießen. Der Wirkungsgrad eines Angriffes hängt zudem sehr stark davon ab, auf was für einem Areal man sich während dem Gefecht positioniert. So genießt man durch die Äste eines Waldes blickend eine bessere Tarnung gegenüber Angriffe, als wie wenn man beispielsweise auf einem offenen Feld steht. Prinzipiell gilt; je öfter man eine Attacke anwendet, umso gefeilter wird man mit ihr und lernt spezielle Techniken. Zudem greift das gesamte Spielsystem auf das klassisch bewährte Schere-Stein-Papier-Spielsystem zurück, welches die Auswirkung der Grundwaffen zueinander regelt. Äxte sind somit effektiv gegen Speere, Speere sind stärker als Schwerter und Schwerter besiegen Äxte. Wie in früheren Ablegern kann jede Waffe nur begrenzt oft verwendet werden, ehe sie unbrauchbar wird. Zwar wird diese dann nicht komplett zerstört, wie dies in den Vorgängern der Fall war, aber deren Wirkungsgrad ist bis zur Restaurierung durch einen Schmied stark eingeschränkt. Neu hinzugekommen ist, dass die Waffen stärkere Angriffe landen können, dafür aber der Abnutzungsgrad für die Dauer des Angriffes erhöht wird. Am Marktplatz können zudem Bataillone angeheuert werden, die den Spieler bei den Gefechten optional unter die Arme greifen. Eine göttliche Kraft erlaubt es Byleth des Weiteren die Zeit für die Dauer der letzten paar Aktionen zurück zu drehen. Hierbei handelt es sich um eine Fähigkeit die auf einen Kampf limitiert ist, also eine erfreuliche Unterstützung des Spielers, um besonders knifflige Kämpfe ohne Gewissensbisse zu überleben. Mit an Board sind wieder der Klassik-Modus, in dem gefallene Charaktere für immer aus dem Spiel entfernt werden und der Anfängermodus, welcher die im Kampf “verletzten” Spielfiguren für den Rest der Runde aussetzen lässt.

Angesichts der Tatsache, dass die Nintendo Switch einen Touchscreen besitzt und mit dem Erscheinen der kommenden Nintendo Switch Lite auch kein Andocken an den Fernseher mehr möglich ist, ist es sehr schade, dass es neben der Knopf-Steuerung nicht auch noch eine optionale Touchscreen-Bedienung integriert wurde. Besonders bei den Gefechten hätte sich dieser als recht praktisch erwiesen.
Multiplayer
Man darf nicht überrascht sein, während dem Gefecht plötzlich gelbe und pinke Lichtkreise auf dem Boden zu sehen, denn es handelt sich dabei um gefallene Einheiten (seien es jetzt gegnerische oder verbündete) anderer Spieler in der Freundesliste, die bereits an dieser Schlacht teilgenommen haben. Durch das Auswählen dieser Kreise mit den Einheiten erhält man nützliche Items oder wird unter Umständen überraschenderweise geheilt. Bei vereinzelten Punkten sieht man zudem, wie sich andere Spieler in bestimmten Stellen der Story entschieden haben.
Grafik
Bereits die erste Filmsequenz leitet die Geschichte mit einem beeindruckenden Anime-Ausschnitt ein und auch während dem gesamten Spielgeschehen sind die Konversationen wie die typischen japanischen Filme aufgezogen. Selbst kleinere Gespräche erfolgen in nicht vorgerenderten Szenen – hier kann stellenweise sogar die Kamera leicht bewegt werden, um ein stärkeres Gefühl der Einbindung zu erhalten. Lediglich die Ausstrahlung der Augen einzelner Figuren passt an vielen Stellen nicht ganz mit der gewünschten Stimmung überein, dafür ist die Lippensynchro für die durchschnittliche Konversationen überraschend akurat.

In den Gefechten wechselt das Spiel in die gewohnte Vogelperspektive, wobei man animierte 3D-Modellen steuert. Obwohl die Maps in den einzelnen Kampfszenen recht dürftig aussehen (matte Texturen, gleichgültige Flora & Fauna – und das obwohl es tatsächlich so wirkt, als würde man in den Kampf hinein gesaugt werden), sind die Spielfiguren immer von mehreren, unterstützenden Soldaten umgeben – eine rein ästhetische Verschönerung, damit das Gemetzel imposanter wirkt. Anders ist dies bei den neu eingeführten Bataillonen, die spezielle Manöver durchführen und einen erheblichen Beitrag zum Spielgeschehen beisteuern. Erfrischend abwechslungsreich ist das Leben außerhalb der Gefechte in der Militärakademie, wo man mit dem Fischen, Gärtnern oder gemeinsam Kochen die kampferprobte Truppe auf Trab halten kann. Etwas mehr Hingabe zur Umgebung hätte dem Spiel dennoch nicht geschadet, da die Spielfigur gerne mal durch Gitterstäbe läuft und man mit den herum wuselnden Tieren (Katzen, Hunde und Vögel) gar nicht interagieren kann. Es ist auch sehr enttäuschend, dass man sich nicht die Mühe gemacht hat, zumindest ein paar Fische beim Fischen zu animieren. So sieht man nur in Text-Form, welches Mittagessen man an der Angel hat.

Komplett neu sind die in Echtzeit gemalten Artworks, die auf künstlerische Art mehr über die Vergangenheit des Königreich Fódlans erzählen. Dies ist zwar komplett untypisch für die Fire Emblem-Reihe und passt auch überhaupt nicht zum restlichen Art-Design, ist aber eine willkommene Neuerung.
Sound
Die Fire Emblem-Reihe war schon immer für fantastisch verträumte Soundtracks bekannt und konnte mit stimmigen Melodien und feurigen Tönen jede Gefühlslage verstärken. Dies ist auch in Fire Emblem: Three Houses der Fall. Egal ob auf dem Schlachtfeld, beim Schulbank Drücken oder während dem Aufenthalt in den Räumlichkeiten der Militärakademie – die Soundtracks wissen immer zum richtigen Zeitpunkt zu verzaubern. Es ist zudem auch sehr beeindruckend, dass sämtliche Konversationen mit Synchronstimmen in deutscher, japanischer, spanischer, englischer, französischer, italienischer, koreanischer und chinesischer Sprache versehen wurden.
Abschließende Worte
Mit Fire Emblem: Three Houses geht Nintendo einen weiteren, sehr deutlichen Schritt in Richtung Story-Tiefgang und Charakterentwicklung, vergisst dabei aber in keinster Weise die Kernelemente der Reihe ebenfalls einem gehörigen Update zu unterziehen. Somit beschäftigt man sich abseits der strategischen Kampfeinlagen vermehrt mit den einzelnen Charakteren, deren Vergangenheit, Ängste und Vorlieben. Das portable Strategie-Abenteuer ist im Gesamten betrachtet nur an manchen Stellen wirklich sehr beeindruckend. Stimmige Anime-Cutscenes sowie ein breites Portfolio an unterschiedlichen Synchronsprachen, sind ebenso beachtlich wie die animierten ingame-Konversationen. Dafür wirken die Kämpfe trotz nützlicher Gameplay-Upgrades optisch etwas durchschnittlich.

– Gameplay-Neuheiten (Battallione)
– Zahlreiche Freizeit-Aktivitäten
– Große, offene Spielewelt
– Stimmige Anime-Filmsequenzen
– Sehr viel Story- und Charakter-Tiefgang
– Vereinzelte Spielschritte zurücksetzbar
– Interessanter Storyaufbau
– Keine Touchscreen-Steuerung
– Kaum direkte Interaktion mit der Tierwelt
– Gefechte optisch etwas zu simpel